- Project Runeberg -  Axel Hägerström : eine Studie zur schwedischen Philosophie der Gegenwart /
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(1939) [MARC] [MARC] Author: Ernst Cassirer - Tema: Philosophy
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Full resolution (JPEG) - On this page / på denna sida - 3. Die Moralphilosophie

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AXEL HÄGERSTRÖM 73
Leidenschaft bewusst und darüber entsetzt ist, sowohl sich selbst
gewisse Handlungsarten verbieten, als auch sich selbst für das
Verbot der Umgebung empfänglich zeigen wollen? »x) Aber hier ist,
wie mir scheint, die grundlegende These von Hägerströms Moralphilo-
sophie, die These von der Aequivalenz aller Bewertungen und Stell-
ungnahmen, schon verlassen oder doch wesentlich gelockert. Der
Leidenschaft ist es ja gerade eigentümlich, dass sie ganz in der Gegen-
wart aufgeht und sie ausschöpfen will, statt sich mit irgendwelchen
Erwägungen über die möglichen Folgen, sei es für die Gesellschaft, sei
es für den Handelnden selbst, zu beschweren. Und wie Hesse sich ihr
dies verbieten, wenn man wirklich streng auf dem Hägerström-
schen Standpunkt stehen bleibt? Lassen sich Gefühle überhaupt
gebieten oder verbieten ? Kant hat erklärt, dass selbst die Nächsten-
liebe, wenn man sie lediglich als Affekt versteht, nicht zum Inhalt eines
moralischen Gebots gemacht werden könne. »Liebe gegen Menschen»
— so sagt er — »kann nicht geboten werden, denn es steht in keines
Menschen Vermögen, jemanden bloss auf Befehl zu lieben».*
2) Sobald
wir also alles »Praktische» in Gefühle und an sie geknüpfte Vorstel-
lungen aufgehen lassen, ist nicht einzusehen, wie es hier, gegenüber
uns selbst und gegenüber anderen, zu Geboten oder Verboten kommen
soll. Ohne Zweifel könnten und müssten wir, welche Theorie wir auch
annehmen mögen, fortfahren, uns vor einem »asozialen» Individuum
zu schützen und es, wenn nötig, zu vernichten. Aber sich an dasselbe
mit einem »Verbot» zu wenden, wäre offenbar ein Versuch am untaug-
lichen Objekt. Man würde in der Tat den Kern von Hägerströms
Lehre nicht treffen, und man würde sozusagen ihre Pointe verfehlen,
wenn man in ihr nichts anderes als eines der Systeme des moralischen
»Utilitarismus» sehen wollte. Damit würde gerade ihre methodische
Eigenart verkannt. Der Utilitarismus bejaht durchaus die Objekti-
vität moralischer Vorstellungen und Urteile. Er stellt ein oberstes
Ziel: »das möglichst grosse Glück der möglichst-grossen Zahl» auf,
und er sagt sein »Ja» oder »Nein» zu den Handlungen, die dieses Ziel
befördern oder nicht befördern. Es herrscht also hier durchaus eine
soziale Teleologie, die einen bestimmten Zustand der menschlichen
Gesellschaft für wertvoll erklärt, während sie einen anderen verwirft.
*) Selbstdarst. S., 46.
2) Kritik d. prakt. Vernunft, T. I, 1. Buch, 3 Hauptst., S. W. (Ausg. Cassirer)
V, 91 f.

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