- Project Runeberg -  Propheten und Gottesmänner /
123

(1930) [MARC] Author: Marcus Ehrenpreis
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Full resolution (TIFF) - On this page / på denna sida - IV. Jeremia. Der Prophet des neuen Bunde - 8

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— 123 —
fern von unserem Sinn. Wir brauchen keine Lade! Laßt
uns hervorziehen die Lehre aus dem Dunkel der Lade in
das helle Licht des Lebens. Ich habe den Glauben an jene
Religion verloren, welche Josia gestiftet, da das Buch der
Lehre im Tempel gefunden wurde. Diese königliche
Religion zwingt das Volk zum Gehorsam, doch sie schafft
keine guten Menschen. Religion und Königtum sind ge-
sonderte Lebensmächte. Die Religion steht im Dienste
des Ewigen, nicht des Königs. Die Religion trägt ihre
Kraft in sich selbst, sie braucht nicht die Stütze des
Reiches. Josia war ein gottesfürchtiger Mann, doch er
überschätzte die königliche Gewalt. Der Staat kann Ge-
setze aufzwingen, doch er hat keine Macht über die
Seelen. Der Staat gießt alles in Form, Gewohnheit,
Zwang; die Religion ist eine lebendige Quelle, neu mit
jedem Tage. -

Nun sehe ich deinen fragenden Blick auf mich ge-
richtet, Baruch. Du denkst: Jeremia verleugnet den Tem-
pel und den Opferdienst und die heilige Bundeslade und
das Buch der Lehre — was bleibt übrig? Die Priester
verwirft er, die Kenntnis der T’hora achtet er für nichts —
wie sollen wir unseren Glauben aufrechterhalten ?

Meine Religion, Baruch, erhebt sich jenseits von all
dem, was ich verleugne. Vielleicht bin ich Tausende von
Jahren vor meiner Zeit zur Welt gekommen, vielleicht
werden noch viele Generationen ihr Leben in Blindheit
und Leere hinleben, ehe es Ohren für meine Worte geben
wird. Doch es kommt ein Tag, da der Herr lebendig
werden wird in jeglichem Menschenherzen.

Da ich jung war, Baruch, sah ich das Leben in Anatot:

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