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20 Erstes Kapitel.
Uber die Bestandteile der lebendigen, unversehrten Zelle liefern. Wird nämlich
die letztere den physiologischen Lebensbedingungen entzogen oder wird sie
schädlichen äusseren Einflüssen, wie z. B. der Einwirkung von höheren Tem-
peraturen oder von chemischen Agenzien ausgesetzt, so stirbt das Protoplasma
ab. Das letztere, welches in der entwickelungsfähigen Zelle während des Lebens
eine halbfeste, unter gewissen Bedingungen kontraktile, leicht veränderliche
Masse darstellt, besteht, abgesehen von dem Wasser, hauptsächlich aus Protei n-
(fes^Proto“
Stoffen, also aus Kolloiden. Bei dem Absterben der Zelle gerinnen diese Pro-
plasma..
teinstoffe wenigstens zum Teil ;
aber es finden dabei auch andere chemische
Umsetzungen in der Zelle statt. Die gegen Lackmus alkalische Reaktion der
lebenden Zelle kann durch das Auftreten von Paramilchsäure in eine saure
übergehen. Es könnep bei dem Absterben andere, neue Stoffe entstehen oder
Zellbestandteile, wie das Glykogen, zum Teil verbraucht werden, und es können
fernei Bestandteile in die umgebende Flüssigkeit übergehen und dadurch für
die Untersuchung verloren gehen.
Es gibt aber noch eine andere, nicht zu unterschätzende Schwierigkeit.
Die in einer Zelle vorhandenen Bestandteile sind nicht alle von derselben phy-
siologischen Dignität. Einige von ihnen können wesentliche, d. h. für das Leben
Primäre und
sekundäre
Zell-
bestand-
teile.
Proteine der
Zelle.
der Zelle unbedingt notwendige Stoffe sein, während andere nur als aufgespeicherte
Reservestoffe oder als Stoffwechselprodukte anzusehen sind. Hinsichtlich dieser
Frage ist man bisher nur soweit gekommen, dass man gewisse Stoffe kennen
gelernt hat, welche in jeder entwickelungsfähigen Zelle vorzukommen scheinen.
Solche Stoffe, welche von Kossel^) als primäre bezeichnet werden, sind, ausser
dem Wasser und einigen Mineralbestandteilen, Eiweisskörper, Nukleoproteide oder
Nukleoalbumine, Pbosphatide (Lezithin), Glykogen (?) und Cholesterin. Diejenigen
Stoffe, welche nicht in jeder entwickelungsfähigen Zelle verkommen, bezeichnet
Kossel als sekundäre. Solche Stoffe sind beispielsweise Fett, Glykogen. (?),
Pigmente u. a. Hierbei darf man aber nicht übersehen, einerseits, dass es wahr-
scheinlich noch andere, bisher nicht bekannte, primäre Zellbestandteile gibt,
und andererseits, dass wir noch nicht wissen, ob alle die primären Bestandteile
der Zelle für das Leben oder die Funktionen derselben wirklich notwendig oder
wesentlich sind.
Eine andere, wichtige Frage ist die nach der Verteilung der verschiedenen
Zellbestandteile auf die zwei morphologischen Hauptbestandteile der Zelle, das
Protoplasma und den Kern. Diese Frage ist für viele Bestandteile äusserst
schwer zu entscheiden, und selbst über die Verteilung der chemischen Haupt-
bestandteile, der Proteinsubstanzen, auf Protoplasma und Kern liegen bisher nur
wenige Beobachtungen vor. Sehr wahrscheinlich ist es aber, dass sowohl der
Kern (in reichlicher Menge) wie das Protoplasma die in einem folgenden Kapitel
(3) näher zu besprechenden, zusammengesetzten Proteine, die man Nukleoproteide
nennt, enthalten, und ferner, dass die Nukleoproteide des Protoplasmas reicher
Verhandl. cl. physiol. Gesellsch. zu Berlin 1890—91. Nr. 5 u. 6.
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